In meiner Kolumne auf ran.de habe ich mir zu den Vorkommnissen am vergangenen Sonntag bei Davis-Cup in Frankfurt Gedanken gemacht.
Es sollte ein neuer Start in eine bessere Zukunft sein. Am Samstagabend war nach dem 3:0-Sieg gegen Spanien klar: Deutschland hat wieder ein echtes Tennis-Team, eine Nationalmannschaft, eine schwarz-rot-goldene Truppe, auf die wir stolz sein können. In den Katakomben der Frankfurter Ballsporthalle herrschte Euphorie pur. Im Überschwang der Gefühle fiel sogar schon das Wort "Halbfinale". Es gab Sektduschen und gute Laune zwischen den vier Einzelunternehmern Haas, Kohlschreiber, Mayer und Brands, die endlich eine Einheit darstellten.
Von all dem war Sonntag am Nachmittag gegen 15 Uhr nichts mehr zu spüren. Verpufft, in Luft aufgelöst. Noch nie wurde eine deutsche Mannschaft nach einem 4:1-Sieg so ausgepfiffen. Ein Bundestrainer wurde noch nie von einem wütenden Pfeifkonzert in der Halle so "auf stumm" geschaltet wie Carsten Arriens. Zu Recht? Dieses Davis-Cup-Wochenende wird nun vorerst nur auf die Pfiffe, auf drei verletzte Spieler und auf einen PR-GAU reduziert werden. Aber: An zwei Tagen hat unser Team eine zugegebenermaßen spanische B-Mannschaft niedergekämpft, hat tolles, spektakuläres Tennis gezeigt.
Schwarz-rot-goldener Jubeltaumel
Wow, wir waren alle in einem schwarz-rot-goldenen Jubeltaumel am späten Samstagabend, sogar das Doppel gewonnen, irre... Was geht dieses Jahr im Davis Cup? Arriens hat wirklich eine Mannschaft geformt, alles schien wunderbar. Das Volk will Brot und Spiele, das war schon im alten Rom so, und es ist heute im Prinzip nicht anders. 65 Euro kostete alleine am Sonntag das Tagesticket, dafür wollen die Menschen unterhalten werden.
Und hier beginnt das Problem des letzten Davis-Cup-Tages in Frankfurt. Warum war es nicht möglich, dass Kohlschreiber oder Haas für zwei Sätze auf den Court gehen, ein bisschen Entertainment zeigen, ein bisschen Spaß haben - und fertig? Unglaubwürdig wird es, wenn jetzt unter der Woche wieder in Zagreb aufgeschlagen wird. Zwei Sätze ohne Druck in Frankfurt wären doch ein perfektes "Warmspielen" gewesen. Hier haben aus meiner Sicht die Spieler und die Verantwortlichen falsch reagiert, die Quittung gab es direkt vom Publikum. Das kann ich gut verstehen. Zumindest einer hätte die Zähne zusammen beißen müssen.
Umdenken im deutschen Tennis angebracht
Und ich bin mir sicher: Als Kohlschreiber, Haas und Mayer bei uns im ran-Studio waren, wussten sie: Oh, heute haben wir hier richtig Mist gebaut. Niemals bisher ist eine deutsche Mannschaft als gewinnender Verlierer vom Platz gegangen. Auch das war leider eine Premiere, ein Kreditverbrauch, der nicht so leicht wieder aufzufangen sein wird. Ich finde, es muss ein neues Denken her. Wenn Tennis wieder groß werden soll, darf so etwas nie mehr passieren.
Eines ist klar: Am Ende sind Tennis-Profis dann doch Einzelunternehmer. Gemanagt, beraten, eigene Interessen verfolgend. Ich hoffe, dass die Herren und die Berater dahinter heute etwas dazu gelernt haben. Der Tennissport braucht seine Fans, mehr denn je, die Liebe der Menschen zu diesem großen Sport darf nicht mit Füßen getreten werden. Reißt nicht mit den eigenen Händen wieder ein, was ihr euch mühsam aufgebaut habt.
Mannschaft hat großes Potenzial
Die Mannschaft hat das Zeug, Großes zu erreichen, aber nur wenn alle mitziehen - auch wenn es weh tut. Frankfurt hat gezeigt, dass es oberflächlich funktioniert, aber tief drinnen ist noch Potenzial - ich formuliere es mal positiv. Es ist so schade, keiner redet über einen tollen Sieg, über ein Viertelfinale gegen Frankreich im April, alle reden nur über die Pfiffe. Ich hätte gerne über einen großen Sieg geschrieben, es ist leider nur ein Sieg mit jenem bitteren Beigeschmack - und der wird noch lange bleiben. Leider...